(Mai 2023) Der Gesundheitskongress des Westens in Köln am 3.und 4. Mai 2023 drehte sich um Themen rund um die notwendige Neuausrichtung des deutschen Gesundheitswesens für eine tragfähige Zukunft und gesicherte Gesundheitsversorgung.
Experten, Politiker und Wissenschaftler sprechen u.a. darüber, wie Nachhaltigkeit in der Finanzierung, die Zusammenarbeit der Sektoren, eine sichere Patientenversorgung und die Reform des Gesundheitswesens aussehen kann.
„Dies wird ein Power-Kongress, der wirklich etwas bewegt“, eröffnete Kongressleiterin Claudia Küng den Gesundheitskongress des Westens 2023 im Kölner Gürzenich. „Die eingeladenen Sprecherinnen und Sprecher des Kongresses sind innovative Ideengeber und Akteure, auch abseits des Mainstreams, die für eine nachhaltige Veränderung im Gesundheitswesen brennen.
Kongresspräsident Professor Karl Einhäupl betonte deren Notwendigkeit in seiner Eröffnungsansprache: „Es wird nie wieder so wie es einmal war,“ prognostizierte er in Bezug auf den Fachkräftemangel. „Wir stehen vor der Notwendigkeit, mit weniger Personal dieselbe Qualität sicherzustellen und vor der Frage, wie neue Kräfte gefunden werden können,“ so Einhäupl. „Wir müssen uns gemeinsam mit der Politik um Innovationen und Digitalisierung kümmern. Dafür müssen finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Und wir müssen über den Tellerrand hinausdenken,“ so Einhäupl.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker bestätigte Einhäupls Prognose: „Unsere Einrichtungen haben ebenso mit dem Pflegenotstand und der finanziellen Lage zu kämpfen, die kurzfristig nur durch kommunale Mittel auszugleichen ist,“ so Reker. „Wir müssen nun unternehmerische Entscheidungen treffen und haben zu lange eine zunehmende Fehlsteuerung bei Leistungen hingenommen. Die Krankenhausreform wird diese Fehlsteuerung korrigieren und gleichzeitig die medizinische Versorgung sicherstellen.“ Sie bestärkte das Konzept, das am Vorabend des Kongresses von Minister Laumann zur Reform vorgestellt wurde, denn er sagte: „Länder haben Macht, und wir in NRW dienen als Blaupause für viele!“, und machte deutlich, wie die Krankenhauslandschaft im Rahmen der Krankenhausreformen auf Landes- und Bundesebene nachhaltig und zukunftssicher aufgestellt werden soll.
Zugleich betonte Reker die Wichtigkeit von Klimaschutz und stellte in Aussicht, dass die Stadt Köln mit einer Kampagne zum Thema Hitze in der Stadt aufklären wird.
Nachhaltigkeit in der Finanzierung des Gesundheitswesens“ und wie eine hochwertige Patientenversorgung zukünftig gewährleistet werden kann, lautete das Thema der Eröffnungsdiskussion unter Leitung von Professor Dr. Wolfgang Greiner, wissenschaftlicher Leiter des Kongresses. Dr. Jochen Pimpertz, Leiter des Clusters Staat, Steuern und Soziale Sicherung, Institut der deutschen Wirtschaft e. V. in Köln sprach in seiner Impulsansprache die dramatischen Finanzierungprobleme des Gesundheitswesens an, beleuchtete deren Ausgabentreiber am Beispiel der gesetzlichen Krankenversicherung und forderte eine umfassende Reformdebatte. Er stellte die Solidarität der gesetzlichen Krankenversicherung für die nächsten Generationen auf den Prüfstand.
In der anschließenden Diskussion mit Dr. Frank Bergmann, Andreas Storm, Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg und Dr. Jochen Pimpertz wurden weitere Steuerfinanzierungs-Möglichkeiten für die Gesundheitsversorgung diskutiert. Pimpertz warnte aber vor deren Volatilität und verwies auf die Unterfinanzierung in Großbritannien, einem rein steuerfinanzierten System. Pimpertz skizzierte weiter, dass es theoretisch bei Beitragssätzen keine Höchstgrenze gäbe. Denkbar wären sogar 100 Prozent. Auch Möglichkeiten und Risiken des Generationenkapitals sowie die Option individueller Zusatzversicherungenen, Steuern und mehr Prävention zur Finanzierung von Gesundheitskosten wurden angesprochen.
Haeske-Seeberg, Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus der Bundesregierung, führte an, dass die Nutzung vorhandener Daten im Gesundheitswesen zur Qualitätsverbesserung intensiviert werden sollte. Patienten wollen sich zudem nicht unbedingt über die Qualität eines Krankenhauses informieren, sondern sich darauf verlassen, dass die Qualität stimmt. Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, sieht Kapazitätsprobleme als Treiber des Transformationsprozesses. Es brauche dafür Finanzierungssicherheit. Der ambulante und der stationäre Bereich müssen abgestuft und strukturiert miteinander zusammenarbeiten, so Bergmann.
Auch Storm forderte eine auskömmliche Finanzierung und zog Analogien zur Finanzierung der Rentenversicherung, wo die Steuerzuschüsse anders als bei der GKV dynamisiert würden. Versicherte mit Grundsicherungsbezug seien mit 11 Mrd., andere Gruppen mit 4,5 Mrd. in der GKV unterdeckt. Pimpertz wunderte sich, dass Eigenverantwortlichkeit im Gesundheitswesen eigentlich gar nicht thematisiert würde.
Die Frage, wie eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung aussieht, stand auf der Agenda des Tages, ferner die Themen Krisenmanagement im Krankenhaus, ein Blick in Richtung nichtärztliches medizinisches Personal und dort bestehende Engpässe. Zahlreiche Kongressgäste diskutierten mit Experten und Vortragenden neue Ansätze und Lösungsszenarien.
Innovatives aus Medizin und Forschung gehörte ebenso zum Programm, hier ging es beispielsweise um die Krebsfrüherkennung und Heilungschancen durch das neue CAR-Testverfahren „PanTum Detect Test“, das von Professor Dr. Dr. Ralf Smeets vorgestellt wurde. Daneben stellten sich Startups und innovative bzw. nachhaltige Unternehmen in kurzen Pitches auf der Innovationsbühne im Foyer vor. |
Das Modell „Demenzdörfer“ wurde in einem Best-Practice-Beispiel namens „The Hogeweyk“ aus den Niederlanden vorgestellt und versteht sich als Vorlage, die nach regionalen und kulturellen Aspekten weiterentwickelt werden kann und eine Alternative zu herkömmlichen Alters- und Demenzheimen darstellt. |
Eckpunkte der neuen Digitalisierungsstrategie, der Fachkräfte-Mangel in der ambulanten Versorgung bis hin zu nachhaltigem Materialeinsatz im Krankenhaus führten thematisch in sehr gut besuchten Sessions durch die beiden Kongresstage. Spannende Programmpunkte bildeten auch die Themen Gesundheitsnetzwerke und regionale Versorgungsprojekte, Digitalisierung und Datenschutz sowie der nachhaltige Krankenhausbau. Das Thema DiGA ist zwar in aller Munde, allerdings noch wenig umgesetzt. Lediglich psychische Angebote werden vermehrt nachgefragt, da sie die mangelnden realen Versorgungsangebote verstärken. Hier muss mehr passieren, damit die Ärzte diese digitalen Angebote auch einbinden. Der Datenschutz sie gut, so Prof. Wasem aus Essen, und Patientenportale spielen wohl erst eine stärkere Rolle, wenn sie in die TI eingebunden sind, bisher sind sie nur Insellösungen einzelner Häuser.
„Wir freuen uns, dass auch in diesem Jahr über 800 Expert:innen und Akteure des Gesundheitssektors nach Gürzenich gereist sind. Der Erfahrungsaustausch, wichtige Impulse und Diskussionen zu notwendigen Strukturänderungen für eine nachhaltige Zukunft des Gesundheitswesens, tragen auf dem Kongress dazu bei, dass Zukunft gelingt“, so Claudia Küng, Kongressleitung und Geschäftsführerin WISO S.E. Consulting GmbH. Quelle Text: Wiso und M. Bauer Quelle Bild: Mirjam Bauer |