(Oktober 2023) Medical Remanufacturing ermöglicht die Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen und sorgt dafür, dass medizinische Einmalprodukten mehrmals verwendet werden können. Das Verfahren bereitet hochkomplexe Medizintechnik aus der Kardiologie und Chirurgie wieder auf, sodass sie die gleiche Sicherheit und Funktionalität wie neu hergestellte Artikel aufweisen.
Ohne die Kreislaufwirtschaft würden derartig teure Produkte, die pro Stück einen Preis im hohen drei- bis vierstelligen Bereich haben, nach einer Anwendung im Müll landen. Das Medical Remanufacturing bringt damit vielseitige Vorteile für Umwelt und Budget, weiß Ulrike Marczak. Die Vorstandsvorsitzende der Berliner Vanguard AG, einem deutschen Marktführer in diesem Bereich, erklärt, dass die Skepsis aufbereiteten Produkten gegenüber unbegründet sei.
“Die Aufbereitung von Einmalprodukten ist nach strengen europäischen und nationalen rechtlichen Grundlagen geregelt”, so Ulrike Marczak. Seit 2021 gilt dafür EU-weit die Medical Device Regulation (MDR). Durch sie wird bestimmt: Länder, die medizinische Einmalprodukte aufbereiten wollen, müssen sich an die in Artikel 17 geschilderten europäischen Vorgaben halten. Für das Medical Remanufacturing, international auch Reprocessing genannt, gibt es zwei zulässige Wege: die CS- und die CE-Aufbereitung.
CE – Conformité Européenne
“Insbesondere die Regelungen, die für die CE-Aufbereitung gelten, zeigen, wie streng die Anforderungen an das Remanufacturing sind”, erklärt Ulrike Marczak. Denn die MDR legt fest: Jeder, der ein Einmalprodukt aufbereitet, dass es für eine weitere Verwendung in der EU geeignet ist, gilt als dessen Hersteller. Für ihn gelten alle Herstellerpflichten inklusive der Rückverfolgbarkeit der jeweiligen Produkte. Die eindeutige Kennzeichnung wird durch eine Produkt-/Identifikationsnummer gewährleistet, die dauerhaft auf dem Medizinprodukt angebracht wird. Sie ermöglicht das lückenlose Verfolgen des gesamten Produktlebenszykluses. Rechtlich sind Remanufacturer damit den Originalgerätehersteller (OEM) gleichgestellt. Demnach erfüllen auch die wiederaufbereiteten Produkte die gleichen strengen Anforderungen an Qualität, Hygiene und Sicherheit wie neu hergestellte Ware.
CS – Common Specifications
Als zweite Option sieht die MDR vor, dass die Aufbereitung auch ohne vollständige Herstellerpflichten geregelt werden darf. Das gilt sowohl für Gesundheitseinrichtungen als auch für externe Aufbereiter. Den Unterschied zur CE-Aufbereitung erläutert die Vanguard-CEO so: “Im Falle externer Aufbereiter, so wie wir es sind, muss das Produkt an die identische Gesundheitseinrichtung zurückgegeben werden. Dafür entfallen im Gegensatz zur CE- Aufbereitung bestimmte Herstellerpflichten.” In der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 hat die EU für diese Aufbereitungsweise detaillierte, gemeinsame Spezifikationen festgehalten. In Deutschland gilt daneben noch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), die in §8 Vorschriften über die Aufbereitung von Einmalprodukten enthält. Die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (KRINKO) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (kurz: KRINKO/ BfArM-Empfehlung) regelt zusätzlich die Aufbereitung von Medizinprodukten. “Das Ziel ist, um es juristisch korrekt auszudrücken, dass das aufbereitete Medizinprodukt die Funktion gemäß seiner Zweckbestimmung vollumfänglich erfüllt, sämtliche sicherheitsrelevante Anforderungen ohne Einschränkung gewährleistet werden und die Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten nicht gefährdet wird”, so Ulrike Marczak.
Win-Win: Sicherheit, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit
Bei gleicher Sicherheit für Patienten und Personal, haben wiederaufbereitete Produkte einen entscheidenden Vorteil: Sie sind im Vergleich umweltschonender. Der CO₂-Fußabdruck eines wiederhergestellten Elektrophysiologie-Katheters, der für Herz-Untersuchungen verwendet wird, beträgt nur etwa 50 Prozent einer Neuproduktion. Der Ressourcenverbrauch ist ebenfalls um 28 Prozent geringer, wie eine Studie des Fraunhofer Instituts UMSICHT ermittelte. „Natürlich verbraucht die Wiederaufbereitung auch Ressourcen wie Wasser, Energie und Desinfektionsmittel. Allerdings entfällt die Beschaffung der über die Welt verteilten Primärrohstoffe und die damit verbundenen globalen Lieferketten. Das schlägt sich auch im Preis wieder – für Kliniken ist dieses Wiederaufbereitungsverfahren günstiger als die Anschaffung von Neuware“, ordnet Ulrike Marczak den ökologischen Mehrwert ein.
Nachhaltigkeit als Pflicht – Krankenhäuser müssen sich ändern
Für Krankenhäuser ist es jedoch nicht nur günstiger, sondern bald unumgänglich, zu nachhaltigeren Alternativen zu greifen. Ende 2022 hat der Rat der EU die Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ gebilligt. Die Anforderungen an die Berichterstattung ändern sich damit tiefgreifend und verpflichten Zahlen der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Curacon etwa die Hälfte aller deutschen Krankenhäuser dazu, einen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen. Ulrike Marzcak appelliert damit: „Es ist ein Irrglaube, dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gegenseitig ausschließen. Insbesondere, wenn wir endlich anfangen alle Umweltaspekte und sozialen Auswirkung miteinzubeziehen.“
Quelle Text: Mashup Communications
Quelle Bild: Vanguard