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StartMarkt & SzeneAuf dem Weg zum OP der Zukunft – Navigation in der Orthopädie

Auf dem Weg zum OP der Zukunft – Navigation in der Orthopädie

(Juli 2024) Mehr als 20 Millionen Operationen weltweit könnten in Zukunft mit einer Technologie aus Paderborn schneller, kosteneffizienter und vor allem sicherer durchgeführt werden. Möglich macht das die Software des jungen Unternehmens metamorphosis. CTO Arno Blau verrät im Interview, wofür Navigationssysteme im OP bereits eingesetzt werden und wie die Zukunft in diesem Bereich aussehen könnte.

Die chirurgische Navigation gibt es schon seit circa 30 Jahren. Die Hardware besteht aus einer 3D-Kamera, die diverse Tracker sieht, welche an allen Komponenten, die navigiert werden sollen, angebracht sind. Auch eine invasive Anbringung an Patientenknochen ist typischerweise erforderlich. Dieses Grundprinzip blieb die ganze Zeit bestehen – nun ist der Markt reif für eine Veränderung.

Bei welchen Indikationen werden Navigationssysteme eingesetzt?

Es gibt unterschiedliche Einsatzbereiche, etwa Hüft- und Knie OPs. Ganz besonders wichtig ist die Navigation in der Wirbelsäulenchirurgie, da hier aufgrund der Nähe zu kritischen Strukturen, beispielsweise dem Rückenmark, äußerste Genauigkeit unabdingbar ist.

Das heißt, an der Wirbelsäule wird also nur navigiert operiert?

Leider findet die Mehrzahl der Wirbelsäulen OPs immer noch ohne Navigation statt, oft steht lediglich ein intraoperatives 2D Röntgengerät für die Orientierung des Chirurgen oder der Chirurgin zur Verfügung.

Wie kann das sein?

Das hat mehrere Gründe: Einerseits sind trackerbasierte Navigationssysteme teuer und andererseits bringt deren Verwendung auch diverse Nachteile mit sich, wie einen erheblichen Zusatzaufwand vor und während der OP. Das kostet Zeit, und jede Verlängerung der OP bedeutet nicht nur einen sehr hohen Kostenfaktor, sondern birgt auch potenziell höhere Patientenrisiken, etwa durch Blutverlust oder erhöhte Infektionsrate. Außerdem ist die Navigationsinformation leider nicht immer genau – sie kann sogar ungenau werden, gerade bei längeren OPs.

Erstaunlich, dass man hier innerhalb von 30 Jahren nicht mehr erreicht hat. Liegt das an den Hardwarekomponenten?

Indirekt ja. Die Komponenten sind zwar präzise und das Tracking funktioniert unter Laborbedingungen mit sehr hoher Genauigkeit. Das Problem ist das Zusammenspiel zwischen Komponenten und Patient – und vor allem, dass die Wirbelsäule kein starres Gebilde ist. Bevor man mit der Navigation starten kann, muss die Wirbelsäule registriert werden. Das heißt, man zeigt dem Navigationssystem, wo sich die Wirbelsäule im 3D-Raum befindet. Diese Registrierung ist nur für den Wirbel wirklich genau, an dem ein Tracker angebracht ist. Da die Registrierung zeitintensiv – mehrere Minuten – ist und zumeist auch mit einer ganz erheblichen Strahlungsbelastung einhergeht, wird diese eben nicht für jeden Wirbel, an dem operiert wird, durchgeführt. Das bedeutet, die Navigationsinformation ist auf den anderen Wirbeln potenziell ungenau. Und hier kommt nun unsere Technologie ins Spiel.

Inwiefern?

Wir sind in der Lage, mit nur einem Röntgenbild eine Registrierung zu machen, innerhalb von zwei Sekunden. Damit spart man sich nicht nur Zeit, sondern ist in der Lage, wiederholt eine Registrierung durchzuführen und kann jeden Wirbel bei Bedarf sogar mehrmals registrieren.

Das klingt spannend. Dafür muss an jedem Wirbel einer dieser invasiven Tracker angebracht werden?

Gute Frage – aber: nein. Unsere Technologie ist eine echte Neuheit, da sie ohne jegliche Tracker funktioniert. Das spart Zeit und Geld – ein riesiger Vorteil für Chirurg und Patient. Wir verwenden lediglich die intraoperativen Röntgenbilder und eine Augmented-Reality-Brille. Damit können wir handelsübliche chirurgische Bohrmaschinen tracken – genau und zuverlässig. Allerdings ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, wir haben noch kein Produkt mit Marktzulassung.

Was ist Ihre Strategie?

Als Ausgründung der Universität Paderborn, die bekannt für eine erfolgreiche Startup-Förderung von IT- und IOT-Unternehmen ist, wurde metamorphosis 2018 ins Leben gerufen. Unser Produkt wird zunächst auf den amerikanischen Markt kommen. Nach Etablierung auf dem amerikanischen Markt können wir Daten generieren, die erforderlich sind, um auch in Europa zugelassen zu werden.

Unser Ziel ist es, ein Navigationssystem für alle anzubieten. Es soll günstiger sein als andere Navigationssysteme, wesentlich einfacher sowohl in Setup als auch in der Verwendung und damit Zeit sparen. Vor allem aber soll es wirklich zuverlässig funktionieren. Dies soll schließlich auch die Basis werden für echtes robotisches Bohren an der Wirbelsäule. Wie lange es noch dauert, bis Roboter autonom operieren, steht auf einem anderen Blatt…

Quelle Text und Bild: metamorphosis

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