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Robotergestützt: Herz-OPs und Shunt-Operation

Robotik in der Herzchirurgie

(Dezember 2025) Innerhalb weniger Monate ist am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) eines der europaweit größten Programme für robotergestützte Herzchirurgie entstanden. Damit nimmt das Zentrum in Deutschland bereits eine führende Rolle auf dem Weg zu einer noch schonenderen, präziseren und patientenfreundlicheren Herzchirurgie ein.

Ermöglicht wurde diese Entwicklung durch eine Initiative der Stiftung Deutsches Herzzentrum, die den technologischen Fortschritt in der Herzmedizin gezielt fördert – im Einklang mit ihrem Anspruch, Fortschritt in der Herzmedizin durch exzellente Patientenversorgung, wegweisende Bildungsangebote und technologische Innovation zu stärken.

Das Da-Vinci-System

Mehr als 260 Patientinnen und Patienten wurden seit Anfang des Jahres am DHZC bereits erfolgreich mit dem robotergestützten Da-Vinci-System operiert. Das System unterstützt die Operateurinnen und Operateure, ersetzt sie aber nicht: Die Steuerung erfolgt vollständig durch die Chirurgin oder den Chirurgen, die bzw. der das System über ein spezielles Cockpit bedient und alle Bewegungen der Instrumente präzise kontrolliert.

Schonend, präzise und effizient

Das System besteht aus vier fein beweglichen Armen, die direkt am Operationstisch positioniert sind. Eine hochauflösende 3D-Kamera überträgt ein vergrößertes Bild aus dem Inneren des Körpers. Über das Cockpit werden die Instrumente bewegt, die sich über wenige Millimeter große Zugänge im Brustkorb einführen lassen – ganz ohne Öffnung des Brustbeins oder Durchtrennung der Rippen.

Die robotergestützte Herzchirurgie gilt damit als das schonendste aller minimalinvasiven Verfahren – bei gleichzeitig höchster Präzision und Stabilität. Patientinnen und Patienten profitieren von einem schmerzarmen Verfahren, das eine schnelle Genesung und kürzere Klinikaufenthalte erlaubt.

Roboter-OPs sind Teamarbeit

Das interdisziplinäre OP-Team des DHZC hat vor dem ersten Einsatz alle Abläufe intensiv trainiert. Denn die robotergestützte Herzchirurgie ist Teamarbeit: Während die Operateurin oder der Operateur am Cockpit sitzt, müssen Instrumentierung, Herz-Lungen-Maschine und Kommunikation am OP-Tisch nahtlos ineinandergreifen.

Das Verfahren ist momentan noch nicht für alle Herzoperationen anwendbar. Derzeit kommt es am DHZC vor allem für Rekonstruktionen der Mitralklappe zum Einsatz, zunehmend aber auch bei ausgewählten Bypassoperationen. Zwei parallel nutzbare Cockpits ermöglichen außerdem die strukturierte Ausbildung und Spezialisierung des chirurgischen Nachwuchses – Lernende können Operationen live mitverfolgen und schrittweise übernehmen, ohne Risiko für die Patientinnen und Patienten.

Auch telemedizinische Anwendungen werden künftig eine Rolle spielen: Über größere Entfernungen hinweg könnten erfahrene Operateurinnen und Operateure unterstützend eingreifen oder anleiten.

Neue Generation, neue Möglichkeiten

Mit der bevorstehenden europäischen Zulassung der neuesten Generation robotischer Assistenzsysteme werden in den kommenden Monaten zusätzliche herzchirurgische Anwendungen möglich – darunter auch Bypassoperationen am schlagenden Herzen, die besonders schonend und effizient durchgeführt werden können. Das DHZC plant den Einsatz dieser Systemgeneration bereits jetzt und bereitet sich gezielt auf die neuen Möglichkeiten vor.

Expertenmeinungen

Prof. Dr. Hans Maier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsches Herzzentrum:
„Mit der Einführung der robotergestützten Herzchirurgie stärken wir die führende Rolle des Deutschen Herzzentrums der Charité und des Standorts Berlin in der kardiovaskulären Medizin. Die Stiftung Deutsches Herzzentrum fördert innovative und zukunftsweisende diagnostische und therapeutische Verfahren. Sie unterstützt die rasche Translation in die medizinische Praxis – dieses Programm zeigt eindrucksvoll, wie eng die Arbeit unserer Stiftung und des DHZC miteinander verknüpft sind.“

Prof. Dr. Volkmar Falk, Ärztlicher Direktor des DHZC:
„In den USA ist die robotergestützte Herzchirurgie längst etabliert. Die dortigen Erfahrungen zeigen klar, welchen Nutzen sie für unsere Patientinnen und Patienten hat: geringeres Trauma, schnellere Genesung, kürzere Liegezeiten. Wir wollen in Deutschland weiter Vorreiter sein und die Entwicklung dieser Technologie aktiv mitgestalten – für eine moderne, sichere und schonende Herzchirurgie.“

Weitere Informationen zum Robotikprogramm des DHZC gibt es  hier.

Robotergestützt: Shunt-Operation

Am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, wurde weltweit erstmalig eine Shunt-Operation mit einem mikrochirurgischen Robotersystem durchgeführt. Dabei wurde bei zwei Patientinnen und Patienten ein sogenannter Dialyseshunt angelegt – eine künstliche Verbindung zwischen Arterie und Vene, die für die Blutreinigung bei Dialysepflicht erforderlich ist. Eingesetzt wurde das „Symani Surgical System“, das bislang nur in der plastischen oder der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Anwendung fand.

Weltpremiere

Der Eingriff stellt einen Fortschritt für die Gefäßchirurgie dar – mit spürbaren Vorteilen für Patientinnen und Patienten. Die Shunt-Anlage gehört zu den Standardverfahren der Gefäßchirurgie, doch der Einsatz des Robotersystems eröffnet neue Möglichkeiten: „Dank der Robotik können wir die Gefäßverbindung besonders schonend und präzise anlegen“, sagt Dr. Melanie Rusch, Ärztin der Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie am Campus Kiel, die das Projekt initiiert hat. „Das senkt das Komplikationsrisiko, verbessert die Haltbarkeit des Zugangs und erleichtert die spätere Dialyse.“ Das System ermöglicht feinste Nähte mit besonders dünnem Material, gleicht das kleinste Zittern aus und bietet durch 3D-Visualisierung mit bis zu 30-facher Vergrößerung eine deutlich verbesserte Sicht auf das Operationsfeld – ein klarer Vorteil, vor allem bei schwierigen anatomischen Voraussetzungen.

Vorteile der Robotik

Seit März 2023 wurde der Eingriff im Rahmen eines „bench to bedside“-Prozesses vorbereitet – von der experimentellen Laborphase bis zur praktischen Anwendung im OP. In mehreren Trainingsphasen wurden die Operationstechniken systematisch überprüft und angepasst. Alle beteiligten Chirurginnen und Chirurgen absolvierten ein spezialisiertes Schulungsprogramm am Robotersystem. „Das zeigt, wie schnell und verantwortungsvoll wir am UKSH wissenschaftliche Erkenntnisse in die klinische Versorgung überführen können“, so PD Dr. René Rusch, kommissarischer Direktor der Klinik. „Im Mittelpunkt steht stets die Sicherheit und der Nutzen für unsere Patientinnen und Patienten.“

Der „bench to bedside“-Prozess

Geplant ist, das Verfahren künftig auch bei Eingriffen an der unteren Extremität einzusetzen und die Ergebnisse wissenschaftlich zu evaluieren. Neben der Klinik für Gefäßchirurgie war die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beteiligt, die das Symani-System am UKSH bereits seit Längerem verwendet. „Unser Ziel ist es, durch Innovation konkrete Vorteile für unsere Patientinnen und Patienten zu schaffen“, sagt Dr. Dr. Henning Wieker, Leitender Oberarzt der MKG-Chirurgie. „Dazu gehört, neue Technologien dort einzusetzen, wo sie wirklich einen Nutzen bringen.“ Bisher wurde in der MKG das Robotersystem bei Lappenplastiken, bei Nervenrekonstruktionen und in der Chirurgie an Lymphgefäßen eingesetzt.

Einsatz des Symani-Systems

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Entwicklung ist die enge Anbindung an das Kurt-Semm-Zentrum für laparoskopische und roboterassistierte Chirurgie. Das interdisziplinäre Kompetenzzentrum von UKSH und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel treibt die minimalinvasive und roboterassistierte Chirurgie fachübergreifend voran. Neben der klinischen Anwendung liegt der Fokus auf Forschung und strukturierter Aus- und Weiterbildung. Ziel ist es, modernste Technik sicher und patientenorientiert in die chirurgische Versorgung zu integrieren.

Quellen: Deutsche Herzzentrum der Charité (DHZC) und idw – Informationsdienst Wissenschaft

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