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Healthcare live! Special: Master Data

(Dezember 2025) Die Veranstalter GS1 Germany und der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) begrüßten am 12. und 13. November in Köln rund 80 Teilnehmende aus Industrie, Krankenhäusern, Gesetzgebern und Dienstleistern im Gesundheitswesen. Im Fokus der Konferenz standen u.a.

  • Datenqualität und Data Governance,
  • künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin,
  • Branchenstandards und Perspektiven zur Registrierung von Produktdaten für die EUDAMED.

Sylvia Reingardt, Senior Manager Healthcare GS1 Germany, sprach mit mt-medizintechnik über die Herausforderungen der EUDAMED.

Was bedeutet die verpflichtende UDI-Produktregistrierung in der Europäischen Datenbank EUDAMED konkret?

Sylvia Reingardt: Die verpflichtende Produktregistrierung in der EUDAMED bedeutet, dass sämtliche Medizinprodukte und In-Vitro-Diagnostika mit deren eindeutigen Identifikationsnummern (UDI-DI und Basis UDI-DI 1) im UDI/Device-Modul registriert werden müssen. Die Bandbreite der betroffenen Produkte ist enorm – es geht von medizinischem Verbrauchsmaterial oder medizintechnischen Geräten über Implantate bis hin zu In-Vitro-Diagnostika (IvD).

Das Ziel ist eine zentrale, digitale und einheitliche Datenbasis für Rückverfolgbarkeit, Marktüberwachung und Patientensicherheit. Die Registrierung ist somit nicht nur eine regulatorische Pflicht, sondern ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Sicherheit im europäischen Gesundheitswesen.

Welche Kernpunkte gilt es Stand heute zu beachten?

Sylvia Reingardt: Die Europäische Kommission hat am 27. November 2025 im Amtsblatt der EU offiziell bestätigt, dass vier EUDAMED-Module die Funktionsfähigkeit erreicht haben. Eine reibungslose Registrierung bedingt eine eindeutige UDI, die von einer offiziellen Vergabestelle wie GS1 vergeben wird. Für das UDI/Device-Modul gelten besondere, konkrete Fristen 2.

Die geforderte strukturierte Datenaufbereitung umfasst sämtliche im gesetzlichen Rahmen definierten Datenelemente für die betroffenen Produkte. Diese müssen vollständig und konsistent vorliegen. Hersteller sind zudem verpflichtet, Änderungen fortlaufend zu aktualisieren. Grundsätzlich verfügt die EUDAMED über die Möglichkeit, einer manuellen Eingabe über das EUDAMED-Webinterface, über eine Schnittstelle, die den Upload von XML-Dateien erlaubt, und über ein Machine-to-Machine-Interface.

Gerade bei den beiden letztgenannten Optionen sollten bestehende ERP- und PLM-Systeme darauf vorbereitet sein. Außerdem sind klare Verantwortlichkeiten, Datenqualitätssicherungen und interne Workflows für Updates entscheidend, um regulatorische Fristen einzuhalten.

Vor welchen Fragen stehen vor allem Krankenhäuser?

Sylvia Reingardt: Es bleiben durchaus noch Fragen offen. Greifen wir exemplarisch zwei davon heraus, die mir in Gesprächen häufiger begegnen. Lassen sich zum Beispiel die EUDAMED-Daten (UDI, Produktinformationen) in Krankenhaus-IT-Systeme wie KIS, ERP oder Materialwirtschaft integrieren, um die Beschaffung und Rückverfolgbarkeit zu erleichtern? Werden mit den EUDAMED-Daten alle Anforderungen an Stammdaten aus Sicht eines Krankenhauses erfüllt oder fehlen wichtige Informationen?

Bei der diesjährigen Healthcare live! Special: Master Data haben wir uns nochmals intensiv mit dieser Thematik in einem Workshop beschäftigt. Dabei ging es vor allem um Data Governance, um Tools und künstliche Intelligenz als Hilfestellung und natürlich um interne Prozessabläufe und etablierte Branchenstandards. Wer übernimmt die Verantwortung und wie lässt sich eine reibungslose Implementierung gewährleisten?

Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung in der Praxis?

Sylvia Reingardt: Die UDI/Device-Registrierung steht seit Oktober 2021 freiwillig zur Verfügung. Aktuell veröffentlicht die EU-Kommission keine offiziellen Zahlen zur Anzahl der registrierten Produkte in diesem Modul. Zwar ist die Datenbank zugänglich, sie zeigt aber nur Ergebnisse zu konkreten Suchanfragen, nicht die Gesamtmenge. Wer genaue Zahlen benötigt, muss eine offizielle Anfrage an die Kommission oder nationale Behörden stellen. Auch gibt es keine offiziellen Zahlen, wie viele Produkte bis November 2026 registriert sein werden. Sowohl die EU-Kommission als auch Branchenverbände wie der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) halten sich mit öffentlichen Prognosen zurück.

Schätzungen stammen höchstens von Dienstleistern oder Verbänden, die Trends längerfristig beobachten. Diese sind aber nicht verbindlich oder valide genug. Im Vergleich dazu: In der US-Datenbank GUDID (Global UDI Database) waren bereits im Jahr 2019 über zwei Millionen UDI-Datensätze registriert. Aktuelle Gesamtzahlen veröffentlicht die US-FDA hingegen nicht, sie lassen sich nur über individuelle Abfragen der AccessGUDID- oder openFDA-Schnittstellen ermitteln.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Nutzung?

Sylvia Reingardt: Trotz sichtbarer Fortschritte bleibt die Umsetzung der Anforderungen an das UDI/Device-Modul der EUDAMED für viele Akteure anspruchsvoll. Eine der zentralen Herausforderungen ist die Datenqualität. Die meisten, vielleicht sogar alle Produktstammdaten sind zwar bei den Herstellern vorhanden, allerdings in unterschiedlichen Formaten und komplexen Systemen. So wird häufig zu Beginn erwartet, die EUDAMED-Anforderungen erfüllen zu können. Um dann festzustellen, dass man nur auf rund 60 Prozent der Daten direkten Zugriff hat – der Rest muss dann zeitaufwendig zusammengetragen werden. Ohne PIM-System wird es dann schier aussichtslos, die Fristen einzuhalten. Somit wird die Qualität der Daten meines Erachtens ein entscheidender Faktor sein. Schließlich können fehlerhafte oder unvollständige Informationen auch zu Verzögerungen bei der Marktzulassung führen.

Hinzu kommt die enorme Aufgabe, große Datenmengen strukturiert zu erfassen, digital aufzubereiten und in die EUDAMED zu übertragen – ein Prozess, der Präzision und leistungsfähige Systeme erfordert. Vor allem Hersteller mit vielen Produkten stehen dabei vor organisatorischen und technischen Herausforderungen, etwa bei der Harmonisierung historischer Datenbestände oder der Integration eigener IT-Systeme über die bereits erwähnten Machine-to-Machine-Schnittstellen.

Was läuft bislang gut bei der Einführung des UDI/Device Modul?

Sylvia Reingardt: Das UDI-/Device-Modul funktioniert und bietet Schnittstellen für automatisierte Prozesse. Mit der Einführung der UDI wurde eine wichtige Grundlage geschaffen, um mehr Transparenz, Konsistenz und Rückverfolgbarkeit zu schaffen. Dennoch zeigt die Praxis, dass es noch Optimierungspotenzial gibt – etwa bei der Benutzerfreundlichkeit und der Integration in bestehende Systeme.

Ein positiver Aspekt ist die zunehmende Akzeptanz in der Industrie: Hersteller, Lieferanten und benannte Stellen beschäftigen sich intensiver mit dem System und investieren in Datenqualität, Software-Integration und neue Workflows.

Wie geht es mit der EUDAMED nach dem Jahr 2026 weiter?

Sylvia Reingardt: Bis Anfang 2027 wird die EUDAMED nach den zu erwartenden Übergangsfristen in eine neue Phase übergehen — mit verbindlicher Nutzung der bereits funktionierenden Module Actor Registration, UDI-/Produktregistrierung, Benannte Stellen und Zertifikate sowie Marktüberwachung sowie schrittweiser Freischaltung der verbleibenden Funktionen Vigilanz/Post-Market-Surveillance sowie Clinical Investigations. Damit wird die Datenbank zur zentralen Plattform für alle regulatorischen Daten und relevanten Informationen zu Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika (IVD) in der EU.

Für Hersteller und Behörden bedeutet das die langfristige Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten über ihren gesamten Lebenszyklus in der Lieferkette, eine verlässliche Datenlage für Marktaufsicht, Sicherheitsberichte und Vigilanz-Meldungen, die Standardisierung regulatorischer Prozesse über alle Mitgliedsstaaten hinweg und perspektivisch eine verbesserte Überwachung der Patientensicherheit und Versorgungssicherheit auf EU-Ebene.

Ich verspreche mir darüber hinaus, dass Kliniken und Behörden die EUDAMED-Daten für Beschaffungsentscheidungen, Risikoanalysen und Forschungen sowie verstärkt das Potenzial für KI-gestützte Auswertungen nutzen. Es wird für die Zielsetzung der EUDAMED gleichzeitig enorm wichtig sein, dass alle Beteiligten ihre Prozesse, IT-Systeme und Datenmanagement-Routinen anpassen und dauerhaft pflegen. Denn die Herausforderung der Harmonisierung bleibt. Einheitliche Standards wie von GS1 die Global Trade Item Number (GTIN) als UDI-DI oder die Global Model Number (GMN) als Basis UDI-DI spielen neben der verbindlichen Nutzung sowie einer vollständigen Datenbasis eine entscheidende Schlüsselrolle.

Zur Information

Die Basis UDI-DI kennzeichnet ein Produktmodell oder eine gesamte Produktfamilie. Neben derselben Basis UDI-DI besitzt jedes einzelne Produkt aus dieser Produktfamilie eine eigene eindeutige Nummer. Diese Nummer ist die UDI-DI.
Die Basis UDI-DI erscheint in der EUDAMED und in den offiziellen Dokumenten. Sie erscheint nie – im Vergleich zur UDI-DI – auf dem Produkt oder deren Verpackung.

2   Ab 28. Mai 2026: Neue Produkte, die nach diesem Datum auf den Markt gebracht werden, müssen sofort in EUDAMED registriert werden.
Bis 28. November 2026: Produkte, die bereits vor dem 27. Mai 2026 auf dem Markt waren, müssen registriert werden, sofern sie weiterhin in Verkehr gebracht werden.

Quelle: Mirjam Bauer

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