CE-Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte
Was bedeutet Konformität?
Für ein Medizinprodukt bedeutet „Konformität“, dass alle zutreffenden regulatorischen Anforderungen nachweisbar erfüllt werden. In Deutschland sind das die Anforderungen der europäischen Medizinprodukteverordnung (= Medical Devices Regulation – MDR), des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes – MPDG sowie der nationalen Verordnungen zum MPDG.
Was ist eine Konformitätsbewertung?
Eine Konformitätsbewertung ist laut MDR ein «Verfahren, nach dem festgestellt wird, ob die Anforderungen dieser Verordnung an ein Produkt erfüllt worden sind». Die Anforderungen zur Konformitätsbewertung von Medizinprodukten sind in der MDR festgelegt und werden durch das deutsche MPDG ergänzt. Hersteller von Medizinprodukten müssen eine Konformitätsbewertung durchführen, um ihre Produkte in Verkehr bringen zu dürfen. Im Rahmen eines formalen Konformitätsbewertungsverfahrens wird festgestellt, ob die für das betreffende Medizinprodukt zutreffenden grundlegenden Anforderungen eingehalten werden.
Beauftragung eines Bevollmächtigten
Hersteller von Medizinprodukten können auch einen Bevollmächtigten mit der Durchführung einer Konformitätsbewertung beauftragen. Die Bedingungen dazu stehen in der MDR. Der Bevollmächtigte arbeitet bei den Konformitätsbewertungsverfahren nur auf Auftrag des Herstellers. Bei Eigenherstellungen ist der Eigenhersteller (z. B. die Gesundheitseinrichtung) dafür verantwortlich. Eine Konformitätsbewertung ist nicht dasselbe wie eine staatliche Zulassung, wie zum Beispiel bei der Zulassung eines Arzneimittels.
Klassifizierung des Produkts
Zuerst wird festgelegt, wofür das Medizinprodukt verwendet werden darf und in welche Kategorie es gehört (Festlegung der Zweckbestimmung). Das bestimmt, ob der Hersteller die Bewertung allein durchführt oder ob er eine Benannte Stelle einschalten muss. Für Medizinprodukte der Klasse I kann die Konformitätsbewertung ohne Einschaltung einer Benannten Stelle durchgeführt werden.
Das Konformitätsbewertungsverfahren: Was fordert die MDR?
In einem Konformitätsbewertungsverfahren wird geprüft, ob ein Medizinprodukt den Vorschriften der MDR entspricht.
Die grundsätzlichen Bestimmungen zur Konformitätsbewertung sind in Kapitel V, Abschnitt 2, in den Artikeln 52–60 der MDR dargelegt.
- Artikel 52 MDR legt die anzuwendenden Verfahren für Medizinprodukte, aber auch für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Anhang XVI MDR abhängig von ihrer Klassifizierung fest.
- Artikel 53 MDR regelt die Mitwirkung der Benannten Stellen an den jeweiligen Konformitätsbewertungsverfahren sowie auch die Beziehung zwischen Hersteller und Benannter Stelle im Rahmen der Konformitätsbewertung.
- Artikel 54 MDR regelt die Anwendbarkeit des Konsultationsverfahrens für bestimmte Klasse-III- und Klasse-IIb-Produkte (Klasse-III-Implantate und aktive Klasse-IIb-Produkte, die dazu bestimmt sind, Arzneimittel in den Körper abzugeben und/oder aus dem Körper zu entfernen).
- Artikel 55 MDR beschreibt weiterführend den Mechanismus zur Kontrolle der Konformitätsbewertung dieser Produkte.
- Artikel 56 und 57 MDR enthalten Regelungen hinsichtlich der Anforderungen an die Konformitätsbescheinigungen, ihre Gültigkeitsdauer sowie die Inhalte des elektronischen Systems für Benannte Stellen und Konformitätsbescheinigungen.
- Artikel 58 MDR regelt den freiwilligen Wechsel einer Benannten Stelle durch den Hersteller.
- Artikel 59 MDR beschreibt die Ausnahmen von den Konformitätsbewertungsverfahren, beispielsweise behördlich genehmigtes und im öffentlichen Interesse liegendes Inverkehrbringen von Produkten, die kein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen haben.
- Artikel 60 MDR regelt die Ausstellung von Freiverkaufszertifikaten.
Die Anhänge II und III der MDR beschreiben, wie die technische Dokumentation für alle Produkte aufgebaut sein muss. Sie ist die Grundlage für jede Konformitätsbewertung.
Die verschiedenen Verfahren für die Bewertung der Konformität mit Beteiligung einer Benannten Stelle werden in den Anhängen IX, X und XI der MDR beschrieben. Das Verfahren für Sonderanfertigungen steht im Anhang XIII der MDR.
Wenn Produkte in klinischen Studien verwendet werden, sind die Voraussetzungen dafür in den Artikeln 62–81 MDR und den dazugehörigen Anhängen XIV und XV geregelt.
Konformitätsbewertungsverfahren: Wahl des Verfahrens
Der Hersteller führt dabei eines der in den Anhängen IX bis XI aufgeführten unterschiedlichen Verfahren durch: Auf der Grundlage eines Qualitätsmanagementsystems und einer Bewertung der technischen Dokumentation (Anhang IX MDR), einer Baumusterprüfung (Anhang X MDR) oder einer Produktkonformitätsprüfung (Anhang XI MDR)
Alle drei in den MDR-Anhängen beschriebenen Verfahren wurden von der Regulatory-Affairs-Expertin Diana Hohage auf der Wissensplattform „Praxis Medizinprodukterecht“ ausführlich kommentiert – für Nicht-Juristen eine unverzichtbare und gut verständliche Praxishilfe:
- So führen Sie eine Konformitätsbewertung auf der Grundlage eines Qualitätsmanagementsystems und einer Bewertung der Technischen Dokumentation durch (Kommentierung Anhang IX MDR)
- So führen Sie eine Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Baumusterprüfung durch (Kommentierung Anhang X MDR)
- So führen Sie eine Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Produktkonformitätsprüfung durch (Kommentierung Anhang XI MDR)
Was macht eine Konformitätsbewertungsstelle?
Laut Artikel 2 Nr. 41 MDR ist eine Konformitätsbewertungsstelle eine «Stelle, die Konformitätsbewertungstätigkeiten einschließlich Kalibrierungen, Prüfungen, Zertifizierungen und Kontrollen durchführt und dabei als Drittpartei tätig wird».
Ein weiterer Begriff bezeichnet solche Stellen als Benannte Stellen. Laut BfArM sind Benannte Stellen «staatlich autorisierte Stellen, die – abhängig von der Risikoklasse der Medizinprodukte – Prüfungen und Bewertungen im Rahmen der vom Hersteller durchzuführenden Konformitätsbewertung durchführen und deren Korrektheit nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben bescheinigen. Hersteller können sich an eine Benannte Stelle ihrer Wahl wenden, die für das entsprechende Verfahren und die betreffende Produktkategorie benannt ist. Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) ist für die Benennung und Überwachung der Benannten Stellen in Deutschland verantwortlich»
Benannte Stellen erhalten von der Europäischen Kommission eine vierstellige Kennziffer. Ein von der Europäischen Kommission herausgegebenes Verzeichnis aller Benannten Stellen für die verschiedenen Richtlinien sowie weitere Informationen dazu sind in dem Informationssystem NANDO [New Approach Notified and Designated Organisations] zu finden. Eine Übersicht der deutschen Benannten Stellen im Bereich Medizinprodukte mit ihren jeweiligen Aufgaben und ihrer Kennnummer werden auf der Internetseite der ZLG bekannt gemacht.
Konformitätserklärung
In der MDR wird die EU-Konformitätserklärung in Artikel 19 und Anhang IV, in der IVDR in Artikel 17 und ebenfalls Anhang IV reguliert. Zitat aus Artikel 19 Satz 3 MDR:
«Indem der Hersteller die EU-Konformitätserklärung erstellt, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass das Produkt den Anforderungen dieser Verordnung sowie allen anderen für das Produkt geltenden Rechtsvorschriften der Union entspricht.»
Der Hersteller muss die EU-Konformitätserklärung laufend aktualisieren. Sie muss mindestens die in Anhang IV MDR aufgeführten Angaben enthalten und muss in eine oder mehrere Amtssprachen der Union übersetzt werden, die von den Mitgliedstaaten vorgeschrieben werden, in denen das Produkt bereitgestellt wird.
Konformitätsbescheinigung
Die Konformitätsbescheinigung ist ein von einer Benannten Stelle ausgestelltes Dokument, das die Übereinstimmung der von einem Hersteller in Verkehr gebrachten Medizinprodukte oder des Qualitätssicherungssystems des Herstellers mit den zutreffenden regulatorischen Anforderungen bescheinigt.
Konformitätsvermutung
Wenn ein Hersteller nachweist, dass sein Produkt die Anforderungen einer zutreffenden, harmonisierten Norm erfüllt, gilt eine gesetzliche Konformitätsvermutung. Konkret bedeutet das, dass in diesem Fall davon ausgegangen wird, dass das Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der entsprechenden europäischen Regelungen entspricht.
«Bei Produkten, die mit harmonisierten Normen oder Teilen davon übereinstimmen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, wird eine Konformität mit den Anforderungen von [Verweis auf den betreffenden Teil des Rechtsaktes] vermutet, die von den betreffenden Normen oder Teilen davon abgedeckt sind» [Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates (ABl. Nr. L 218 vom 13.08.2008, S. 82).
Eine harmonisierte Norm begründet also die Vermutung der Konformität mit den in MDR und IVDR aufgeführten Allgemeinen Leistungs- und Sicherheitsanforderungen, die sie abdecken.
Notwendige Voraussetzung für die Konformitätsvermutung ist, dass die Fundstellen der entsprechenden harmonisierten Normen als Mitteilungen von der Kommission in der Reihe C im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht sind. Entscheidend für die Gültigkeit der Konformitätsvermutung ist das Datum der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.
« Wenden die Hersteller nur einen Teil der harmonisierten Norm an oder deckt die harmonisierte Norm nicht alle einschlägigen wesentlichen Anforderungen voll ab, so besteht die Konformitätsvermutung nur in dem Ausmaß, in dem die harmonisierte Norm den wesentlichen Anforderungen entspricht. » [Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022 (‚Blue Guide’), Europäische Kommission].
Konformitätszeichen

Die «CE-Konformitätskennzeichnung» oder «CE-Kennzeichnung» ist eine notwendige Voraussetzung für den freien Warenverkehr innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Sie ist somit in erster Linie eine Art «Verwaltungszeichen» und erleichtert der zuständigen Behörde die Marktüberwachung und damit die nationale Anwendung der CE-Kennzeichnung. Darüber hinaus ist mit der CE-Kennzeichnung aber auch die Information an den Betreiber und Anwender verbunden, dass alle zutreffenden Schutzziele aller für das Medizinprodukt und alle zu berücksichtigenden regulatorischen Forderungen erfüllt sind.
Artikel 20 MDR «CE-Konformitätskennzeichnung» regelt die Anforderungen für das Anbringen des CE-Kennzeichens. Sie muss vom Hersteller des Produkts angebracht werden. Details zur Ausführung des CE-Kennzeichens finden sich in Anhang V MDR/Anhang V IVDR.
Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung von Fachbeiträgen der Autorin Diana Hohage aus dem Wissensportal Praxis Medizinprodukterecht digital

N. Benad / A. Graf / H.-J. Lau (Hrsg.):
Praxis Medizinprodukterecht digital
Browserbasiertes Onlineprodukt, TÜV Media GmbH
- Umfassender Überblick für Hersteller und Betreiber
- Verordnungen und Gesetze: Bleiben Sie up to date