(Oktober 2025) Bereits zum zweiten Mal veranstalteten die F.A.Z. Konferenzen und die Goethe-Universität in Frankfurt ein Forum, das zeigte: Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Handeln gehören zusammen – in jeder Branche! Im Mittelpunkt stand die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Das Ziel: pragmatische Lösungen zu entwickeln, die ökologische und wirtschaftliche Vorteile vereinen.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Sabine Riewenherm, hielt eine Keynote über den „Schatz der Natur: Naturschutz und Wirtschaft“. Der dramatische Rückgang der biologischen Vielfalt verändere die Biosphäre, vor den die Menschheit abhänge, enorm – so die Biologin. Bereits im Jahr 2019 zeigte der Weltbiodiversitätsrat IPBES Veränderungen auf allen räumlichen Ebenen in einem beispiellosen Ausmaß auf: Die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und der Ökosysteme nehme schneller ab als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte. Trotz aller Warnungen – ähnlich dem Klimaschutz – habe sich bisher wenig geändert. Biodiversität sei ökonomisch wichtig, um etwa globale Risiken wie Extremwetterschäden zu verringern. Deshalb soll Biodiversität in wirtschaftliches Handeln integriert werden, etwa über
- Dialogformate wie die „Unternehmen Biologische Vielfalt“,
- die Integration von Nachhaltigkeitsstrategien,
- die öffentliche Unterstützung wichtiger Regelungen (etwa Business für Nature, Unterstützung der Wiederherstellungs-Verordnung)
- oder Förderprojekte.
Naturschutz und Klimaschutz seien eine gesellschaftliche Notwendigkeit und Lebensgrundlage. Ökosysteme müssen wiederhergestellt werden – und dafür braucht es laut Riewenherm einen bundesweiten Biotopverbund, Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie Flächen mit hohem Potenzial für Wiederherstellung. Zur Förderung der Biodiversität in der Wirtschaft gebe es zudem ein Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz (ANK), das Synergien aus Klimaanpassung, Klima- und Biodiversitätsschutz nutzt. Daneben hielte der Bundesnaturschutzfonds das Förderprogramm „Biologische Vielfalt (Ubi) für Unternehmen vor.
Neben weiteren Vorträgen und Paneldiskussionen mit hochrangingen Experten und Expertinnen von Lufthansa, Weleda, Aldi Süd, Telekom, Deutscher Welthungerhilfe und GEA konnten die rund 130 Teilnehmer sich in drei Deep Dives praktisch austauschen. In einer Gruppe wurden Messgrößen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung diskutiert, dabei wurde der Zusammenhang zwischen chemischer Verschmutzung und dem Verlust der biologischen Vielfalt dargestellt. Verschiedene Katastrophen, bei denen die Ursachen der schädlichen Auswirkungen erst nachträglich identifiziert wurden, zeigen: Hier muss früher angesetzt werden! So hatte in Indien die veterinärmedizinische Gabe von Diclofenac bei Rindern ein massives Geiersterben zufolge. Diclofenac in toten Tieren war tödlich für die Geier, die sich vom Aas der Kühe ernährten. Jahre später verbot Indien die Verwendung des Schmerzmittels in der Tiermedizin. Die Weißrückengeierpopulation ist jedoch bis auf einen Bruchteil ihrer früheren Größe geschrumpft. Nachdem die EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Januar 2023 in Kraft trat, müssen sinnvolle und aussagekräftige Messgrößen zur Bewertung von Auswirkungen auf Ökosysteme entwickelt werden. Doch Vorschriften dürfen dabei nicht zu bürokratischen Monstern werden.
Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit Due Diligence in der Lieferkette – bzw. dem ökonomischen Nutzen und rechtlichen Grundlagen. Dabei stellte sich heraus, dass trotz rechtlicher Grundlagen ein gewisser Spielraum bleibt, wie das Beispiel Kobaltgewinnung zeigt: In der Automobilindustrie ist Kobalt ein wichtiger Rohstoff. Diese seltene Erde wird fast nur im Kongo abgebaut, oft unter gefährlichen Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit. Wer keine eigene Mine erwerben kann, wie es ein deutscher Automobilkonzern der Einfachzeit halber tat, steht vor den Herausforderungen, mit mittelbaren Zulieferern umzugehen. Wenn die Arbeitsbedingungen bekannt sind, es jedoch keine Alternativen gibt, muss dieser Punkt dokumentiert und regelmäßig überprüft werden.
Ein Startup-Wettbewerb demonstrierte vielfältige, drängende Themen: Ernährungssicherheit, Ressourcenknappheit, Klimawandel und Soziales. Gewinner des Tages wurde BettaFish aus Berlin: Die im Jahr 2020 gegründete Firma bietet ausschließlich pflanzliche Produkte in Konserven an. Diese basieren auf Seealgen und weiteren Proteinen, etwa aus Erbsen oder Puffbohnen, und schmecken nach Thunfisch oder Lachs.
Viele Beispiele zeigen, dass es gute Lösungen gibt, wenn Organisationen nachhaltig und wirtschaftlich denken und handeln. Dialog und Austausch können dabei enorm helfen, wie Professor Michael Huth, Vize-Präsident der Goethe-Universität, es zum Auftakt der Veranstaltung sagte. Deshalb ist ein drittes Forum für den Herbst 2026 geplant, weitere Informationen gibt es hier: https://www.faz-konferenzen.de/esg-forum/
Quelle: Mirjam Bauer