Betreiben von Medizinprodukten
Was bedeutet „Betreiben“ von Medizinprodukten?
Mit dem Begriff «Betreiben» in Bezug auf Medizinprodukte werden alle Vorgänge oder Maßnahmen erfasst, die sich unmittelbar auf die Nutzung eines Medizinprodukts beziehen, beispielsweise:
- sachgerechte Anwendung bzw. Verwendung eines Medizinprodukts entsprechend der Zweckbestimmung des Herstellers;
- Beachtung der in der Gebrauchsanweisung vorgegebenen Angaben;
- Einweisung des Anwenders zur sachgerechten Anwendung eines Medizinprodukts;
- Sicherheitstechnische Kontrollen (STK) zur Feststellung und Beurteilung des sicherheitstechnischen Zustands eines aktiven Medizinprodukts;
- Messtechnische Kontrollen (MTK) zur Feststellung und Beurteilung der Messsicherheit;
- Inspektion zur Feststellung des Istzustands eines Medizinprodukts;
- Wartung bzw. Instandhaltung zur Bewahrung des Sollzustands eines Medizinprodukts;
- Instandsetzung zur Wiederherstellung des Sollzustands eines Medizinprodukts.
Rechtsgrundlage für das Betreiben ist § 1 «Anwendungsbereich» der MPBetreibV in Verbindung mit den Begriffsbestimmungen von § 3 Nr. 1 MPDG und § 2 MPBetreibV. Es handelt sich hierbei um rein nationale Vorschriften, die jedoch nicht im Widerspruch zu den europäischen Verordnungen stehen oder ergänzende Anforderungen enthalten dürfen, wenn damit ein Handelshemmnis für Medizinprodukte aus anderen Mitgliedstaaten entstehen würde. Da die MDR und IVDR jedoch nicht primär das «Betreiben» der dort regulierten Produkte betrifft, bestand für den nationalen Gesetzgeber insofern ein Handlungsspielraum die bereits bestehende Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) an die Regelungen der MDR und IVDR anzupassen, dazu gehört auch, dass die MPBetreibV auch für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Anhang XVI MDR anwendbar ist.
Betreiber von Medizinprodukten
In § 2 Absatz 2 MPBetreibV ist der Betreiber folgendermaßen definiert:
«Betreiber eines Produktes ist jede natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb der Gesundheitseinrichtung verantwortlich ist, in der das Produkt durch dessen Beschäftigte betrieben oder benutzt wird. Abweichend von Satz 1 ist Betreiber eines Produktes, das im Besitz eines Angehörigen der Heilberufe oder des Heilgewerbes ist und von diesem zur Verwendung in eine Gesundheitseinrichtung mitgebracht wird, der betreffende Angehörige des Heilberufs oder des Heilgewerbes. Als Betreiber gilt auch, wer außerhalb von Gesundheitseinrichtungen Produkte zur Benutzung bereithält.»
Aus dieser Legaldefinition ergibt sich, dass jede natürliche oder juristische Person in der Betreiberverantwortung ist, die für den Betrieb einer Gesundheitseinrichtung verantwortlich ist, in der Medizinprodukte durch deren Beschäftigte betrieben oder benutzt werden.
Wer als Beschäftigter in einer Gesundheitseinrichtung anzusehen ist, ergibt sich insbesondere aus der Begründung des BMG zum Verordnungsentwurf zur zweiten Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften [Bundesrats-Drucksache 397/16 vom 4. August 2016]:
«[…] Mit „Beschäftigte“ sind die nach § 2 Absatz 2 des Arbeitsschutzgesetzes genannten Beschäftigten gemeint. Übertragen auf Gesundheitseinrichtungen sind dies Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten und arbeitnehmerähnliche Personen. Letzteres sind z. B. Leiharbeitnehmer und sonstige Mitarbeiter anderer Unternehmen, die in der Betriebsorganisation der Gesundheitseinrichtung eingesetzt sind»
Der Betreiber muss nicht
- Eigentümer oder
- Anwender des Medizinprodukts sein.
Überlässt der Eigentümer das Medizinprodukt z. B. aufgrund eines Vertrags (z. B. Leihgerät im Falle der Instandsetzung, Vorführgerät, Erprobungsgerät) einem Dritten, so ist dieser Dritte der Betreiber dieses Geräts. Der Betreiber kann eine natürliche Person (Inhaber der Arzt-/Zahnarztpraxis) oder eine juristische Person (Krankenhausträger, Rettungsdienst, Pflegedienst) – vertreten durch den jeweiligen Verwaltungsdirektor, Geschäftsführer, etc. – sein.
Krankenkassen sind keine Betreiber
In der Begründung des BMG zum Verordnungsentwurf wird ausdrücklich festgestellt: «Gesetzliche Kranken- und Pflegekassen oder private Krankenversicherungsunternehmen sind keine Betreiber von Medizinprodukten. Im Interesse ihrer Versicherten müssen sie in Bezug auf die Sicherheit der Medizinprodukte aber die Pflichten eines Betreibers übernehmen»
Diese Feststellung entspricht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts [Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig – 3 C 47.02 vom 16. Dezember 2003], in dem abschließend festgestellt wird: «Eine gesetzliche Krankenkasse, die ihren Versicherten die von diesen benötigten, elektrisch betriebenen nicht-implantierbaren Hilfsmittel unter Einschaltung eines Sanitätshauses leihweise überlässt, ist nicht Betreiberin der Geräte im Sinne der Medizinprodukte-Betreiberverordnung».
Betreiberpflichten
- 3 Abs. 1 MPBetreibV:
« Der Betreiber hat die ihm nach dieser Verordnung obliegenden Pflichten wahrzunehmen, um ein sicheres und ordnungsgemäßes Betreiben und Benutzen von Produkten in seiner Gesundheitseinrichtung zu gewährleisten»
Neben der Verpflichtung zur Gewährleistung einer sicheren und ordnungsgemäßen Handhabung der Medizinprodukte bestehen noch weitere Betreiberpflichten aus medizinprodukterechtlichen Vorschriften.
Mit anderen Worten: Jeder Betreiber
- hat die organisatorischen Voraussetzungen für den bestimmungsgemäßen Einsatz der Medizinprodukte zu schaffen;
- ist verantwortlich für die Erfüllung der rechtlichen Vorschriften wie MPDG, MPBetreibV, MPAMIVMDR/IVDR (bei Eigenherstellung von Medizinprodukten und bei klinischen Prüfungen/Leistungsstudien).
Aufgaben können delegiert werden
Je nach Größe der Einrichtung und Zahl der Personen, die Medizinprodukte am Patienten benutzen, empfiehlt es sich bei der Umsetzung der regulatorischen Forderungen, Teilaufgaben an Mitarbeiter zu delegieren. In einem Krankenhaus empfiehlt es sich beispielsweise, jeden Leiter einer Klinik, in der Medizinprodukte zur Benutzung kommen, im Hinblick auf die Forderungen aus dem Medizinprodukterecht in die Pflicht zu nehmen und ihm als «Medizinprodukte-Verantwortlichen» schriftlich Aufgaben im Hinblick auf das Betreiben von Medizinprodukten zu übertragen. Dem Chefarzt steht es wiederum frei, gewisse dieser Aufgaben an Mitarbeiter seiner Klinik zu übertragen, die Einweisung von Medizinprodukten beispielsweise an den «Medizinprodukte-Beauftragten». Diese Bezeichnungen sind nicht vom Gesetz- und Verordnungsgeber festgelegt, dienen der Transparenz bei der Umsetzung der regulatorischen Forderungen.
Die Pflichten des Betreibers sind im Rahmen einer «Dienstanweisung zum Betrieb von Medizinprodukten (DA-MPDG)» nachvollziehbar festzulegen.
Medizinprodukte-Betreiberverordnung
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) vom 14. Februar 2025 (BGBl. 2025 I Nr. 38) ist eine Verordnung zum MPDG. Mit der MPBetreibV werden Anforderungen an das Betreiben und Benutzen von Medizinprodukten festgelegt. Ein Schwerpunkt liegt bei der Einweisung in Medizinprodukte. Die MPBetreibV gilt nicht für Medizinprodukte zur klinischen Prüfung und zur Leistungsstudie. Sie gilt ebenfalls nicht für Medizinprodukte, die in ausschließlich eigener Verantwortung für persönliche Zwecke erworben und angewendet werden, es sei denn, dass in deren Gefahrenbereich Arbeitnehmer beschäftigt werden – die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.
Adressaten
Die MPBetreibV richtet sich im Wesentlichen an
- Betreiber und
- Benutzer,
- aber auch an Hersteller und befugte Personen, die im Einvernehmen mit dem Hersteller handeln (z. B. in §§ 11, 12 und 17 MPBetreibV).
Darüber hinaus sind auch Anforderungen enthalten, die sich richten an
- Prüfer für Sicherheitstechnische Kontrollen (STK) (§ 12 MPBetreibV),
- Prüfer für Messtechnische Kontrollen (MTK) (§ 15 MPBetreibV),
- Instandhalter von Medizinprodukten (§ 7 MPBetreibV) und
- Aufbereiter von Medizinprodukten (§§ 8 und 9 MPBetreibV).
Dieser Eintrag stammt aus dem umfangreichen Glossar des Wissensportals Praxis Medizinprodukterecht digital

N. Benad / A. Graf / H.-J. Lau (Hrsg.):
Praxis Medizinprodukterecht digital
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- Umfassender Überblick für Hersteller und Betreiber
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