(Januar 2018) Forschende der Universität Bern, des Inselspitals Bern und des Schweizer Zentrums für Elektronik und Mikrotechnologie entwickeln gemeinsam mit Partnern aus der Industrie einen hochpräzisen, sensorgestützten Operationsroboter für Wirbelsäulenoperationen (Projekt des Schweizerischen Förderungsangebotes BRIDGE).
Wirbelsäule als unebenes Terrain
Die chirurgische Wirbelsäulenstabilisation ist eine der am häufigsten durchgeführten Rückenoperationen. Die Zahlen nehmen weiterhin zu, da in einer alternden Bevölkerung immer mehr Eingriffe zur Behandlung von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen nötig sind. Bei solchen Operationen werden in mehrere Wirbelknochen Schrauben (sogenannte Pedikelschrauben) eingesetzt und später miteinander verbunden, um die Wirbelsäule wieder aufzurichten und zu stabilisieren.
Rund 15 Prozent der Schrauben können nicht erfolgreich platziert werden, da die Wirbelsäule mit ihrem unebenen Terrain nicht einsehbar ist und eine grosse Herausforderung darstellt. Wenn die Pedikelschraube nicht exakt in der Mitte des Wirbelsäulenknochens angebracht wird, besteht die Gefahr, dass das spitze Ende aus dem Knochen hervorragt und umliegende Nerven oder Gewebeteile verletzt.Dies soll sich ändern: Mit unserer Technologie können wir das Risiko einer Fehlplatzierung der Pedikelschraube auf nahezu Null senken. Wir sehen es als Zukunft der Wirbelsäulenchirurgie, so Andreas Raabe.
Nerven frühzeitig ausweichen
Um die Komplikation bei Wirbelsäulenoperationen in Zukunft vollständig zu vermeiden, entwickeln die Forschenden eine roboterbasierte Operations-methode auf der Basis verschiedener patentierter Sensortechnologien. Diese sind hundertfach empfindlicher als die Hand eines Chirurgen und erlauben es, die Wirbelsäule während der Operation in Echtzeit mit Hilfe elektrischer und mechanischer Signale abzutasten, und so die Lage des Bohrinstruments relativ zur Anatomie optimal einzustellen. Zum einen wird der Roboter über die sogenannte Elektromyographie (EMG) gesteuert, mit der in der Nähe liegende Nerven aufgespürt werden. Zum anderen wird die Knochendichte kontinuierlich gemessen, um die Position des Roboters exakt und reproduzierbar zu bestimmen. So können die Schrauben bei jeder Operation hochpräzise platziert werden.
Dank der Kombination von EMG mit Operationsrobotern gibt es nun bei Operationen ein Frühwarnsystem für Nervenzellen. Die Integration in einen sensorgesteuerten Operationsroboter ist ein grosser Durchbruch für diese Technologie. In Zukunft wird man sie auch in anderen klinischen Bereichen einsetzen können», sagt Olivier Chételat. Die Neurochirurgie ist ein integraler Bestandteil des Swiss Institute for Translational and Entrepreneurial Medicine sitem-insel AG in Bern. Dieses Projekt ist eine erste vielversprechende Zusammenarbeit mit dem CSEM auf diesem Gebiet.
Für Stefan Weber ist die Förderung ein grosser Schritt: Mit der Teilnahme am Programm BRIDGE Discovery fühlen wir uns in der konsequenten Ausrichtung unseres Forschungsfokus auf klinische Bedürfnisse und die Translation von medizintechnischer Forschung, einem Schwerpunkt des Standortes Bern, bestätigt. Wir sind hocherfreut, erstmals neue Technologiekonzepte wie robotisches EMG in der Wirbelsäulenchirurgie anwenden zu können. Es ist uns ein Bedürfnis, neue Erkenntnisse aus der Medizintechnik in die Klinik zu überführen, um künftig eine noch bessere Behandlung für Patientinnen und Patienten zu garantieren.
Quelle Text und Bild: CSEM Media Team