(November 2017) Computertomographie (CT) ist in Krankenhäusern eine Standardprozedur. Für extrem kleine Untersuchungsgegenstände war sie bislang nicht geeignet. Ein Team der Technischen Universität München (TUM) entwickelte ein Nano-CT-Gerät, das dreidimensionale Röntgenbilder mit besonders hoher Auflösung liefert.
Erste Test-Anwendung: Gemeinsam mit Kollegen der Universität Kassel und des Helmholtz Zentrums Geesthacht haben die Forscherinnen und Forscher den Bewegungsapparat der urtümlichen Stummelfüßer analysiert.
Bei einer CT-Analyse wird der Untersuchungsgegenstand mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Ein Detektor misst aus verschiedenen Winkeln, wieviel Strahlung jeweils absorbiert wird. Aus mehreren solcher Messungen lassen sich dreidimensionale Bilder des Körperinneren errechnen. Bei Objekten, die so klein sind, wie die 0,4 Millimeter langen Beinchen von Stummelfüßern, stieß das Verfahren allerdings bislang an seine Grenzen.
Für hochaufgelöste Aufnahmen wurde Strahlung aus Teilchenbeschleunigern benötigt – Großanlagen, von denen es in ganz Europa nur wenige Dutzend gibt. Ansätze, die für normale Labore geeignet sind, hatten mit niedriger Auflösung zu kämpfen oder die Proben mussten aus bestimmten Materialien sein und durften eine gewisse Größe nicht überschreiten. Der Grund war oft die Verwendung sogenannter Röntgenoptiken. Vereinfacht gesagt bündeln diese den Röntgenstrahl, wie optische Linsen es mit Licht tun – sie sorgen aber auch für verschiedene Einschränkungen.
Hohe Auflösung durch neue Röntgenquelle
Das Nano-CT-System der TUM basiert auf einer neu entwickelten Röntgenquelle, die einen besonders fokussierten Strahl erzeugt, und verzichtet auf Röntgenoptiken. In Kombination mit einem extrem rauscharmen Detektor liefert das Gerät Bilder, die fast die Auflösung eines Rasterelektronenmikroskops erreichen, erfasst aber auch Strukturen unter der Oberfläche.
„Unser System bietet entscheidende Vorteile gegenüber CTs mit Röntgenoptiken“, sagt TUM-Wissenschaftler Mark Müller, Erstautor des Artikels. „Wir können Tomographien von wesentlich größeren Proben durchführen und sind zudem flexibler in Bezug auf die zu untersuchenden Materialien.“
Nano-CT: künftige Anwendung in der Medizin
Wie zahlreiche andere Bildgebungsinstrumente wurde das Nano-CT-System an der Munich School of BioEngineering (MSB) entwickelt und installiert. Dieses interdisziplinäre Forschungszentrum der TUM ist europaweit die thematisch umfassendste universitäre Einrichtung für das Schnittfeld von Medizin, Ingenieur- und Naturwissenschaften.
„Unser Ziel bei der Entwicklung des Nano-CT-Systems ist es nicht nur, biologische Proben wie das Stummelfüßer-Bein untersuchen zu können“, sagt Franz Pfeiffer, Professor für Biomedizinische Physik an der TUM, Direktor der MSB und Fellow des TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS). „In Zukunft sollen mit dieser Technik auch biomedizinische Untersuchungen möglich werden. So könnte man beispielsweise Gewebeproben untersuchen, um zu prüfen, ob es sich bei ihnen um bösartige Tumore handelt. Ein zerstörungsfreier und dreidimensionaler Blick in Gewebe mit einer Auflösung, wie sie die Nano-CT ermöglicht, kann zudem neue Einsichten in die mikroskopische Entstehung von Volkskrankheiten wie Krebs liefern.“
Publikation:
M. Müller, I. de Sena Oliveira, S. Allner, S. Ferstl, P. Bidola, K. Mechlem, A. Fehringer, L. Hehn, M. Dierolf, K. Achterhold, B. Gleich, J. U. Hammel, H. Jahn, G. Mayer, F. Pfeiffer. “Myoanatomy of the velvet worm leg revealed by laboratory-based nanofocus X-ray source tomography”. PNAS (2017). DOI: 10.1073/pnas.1710742114
Quelle Text: TU München
Quelle Bild: Müller / TUM / reproduced with permission from PNAS