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StartForschungMobiles Labor für die Lokalisierung von Corona-Hotspots

Mobiles Labor für die Lokalisierung von Corona-Hotspots

(September 2021) Mit einem Testlabor auf Rädern können Forschende vom Fraunhofer IPA künftig schnell und zuverlässig Fragmente von Coronaviren in Abwässern aufspüren. Diese sind ein Hinweis auf erhöhte Infektionszahlen und damit ein Indikator für Hotspots der Pandemie. Im September startet das Projekt.

Noch steht der Anhänger mit der Aufschrift »Nachweis von Corona im Abwasser« auf dem Parkplatz hinter dem IPA-Gebäude. Die Biologin Sibylle Thude kümmert sich um die Konzeption und Auslegung des mobilen Labors, mitsamt der elektrischen Absicherung der Laborgerätschaften, der Gefährdungsbeurteilung, der biologischen Sicherheit bis hin zur Umsetzung des analytischen Prozesses im mobilen Labor: »Es ist gar nicht so einfach, die Versuchsabläufe logistisch zu koordinieren und alle Geräte, die wir brauchen, auf engstem Raum unterzubringen und sie so zu platzieren, dass man analytisch sinnvoll und sicher arbeiten kann. Außerdem muss alles sehr gut fixiert werden, damit hochsensible und teure Analysegeräte während der Fahrt keinen Schaden nehmen.«

Bald wird Sibylle Thude mit dem mobilen Labor auf Tour gehen. Bei der Jungfernfahrt sollen Proben aus verschiedenen Kläranlagen im Großraum Stuttgart entnommen und vor Ort untersucht werden. »Unser Ziel ist es, mit dem mobilen Labor Corona-Hotspots schneller und genauer aufzuspüren, als das bisher möglich war«, erklärt Guido Kreck, Projektleiter Reinheitstechnologie am IPA. »In jedem Klärwerk laufen Abwässer von etwa 10 000 Anwohner n zusammen. Wenn Infizierte darunter sind, können wir im Abwasser Fragmente von Corona-Viren nachweisen, eineinhalb Wochen bevor die Betroffenen überhaupt Symptome entwickeln und getestet werden können.« Die Idee, mit Hilfe von Abwasseruntersuchungen Corona-Ausbrüche nachzuweisen, ist nicht neu. Analysen von Abwasserproben aus Mailand und Turin beispielsweise deuten darauf hin, dass das Virus schon im Dezember 2019 – zwei Monate vor dem ersten bekannten Ausbruch – in Italien angekommen war. Die Abwasseranalysen waren bisher allerdings zeitintensiv: Proben mussten verpackt und an Speziallabors geschickt, dort wieder querkontaminationsfrei gehandhabt und analysiert werden. Bis ein Ergebnis vorlag, konnten mehrere Tage vergehen.

Schneller ist besser

Wer Corona-Fälle für die Pandemie-Bekämpfung aufspüren will, der muss schneller sein: Die Ergebnisse werden sofort benötigt, um mit geeigneten Maßnahmen die weitere Ausbreitung zu verhindern. Mit dem mobilen Labor-Anhänger können Proben ohne Zeitverzögerung an Ort und Stelle analysiert werden. Alles, was man dafür braucht, ist an Bord: Zentrifuge, Gefrierschrank, Trockentemperiergerät und Pipettierhilfen. Außerdem eine Aufreinigungsanlage, in der – mit Hilfe magnetischer Kügelchen – die Virusfragmente aus dem Abwasser herausgefischt werden. Und last but not least ein PCRCycler, der das virale Erbgut vermehrt und analysiert. Innerhalb weniger Stunden liegen die Ergebnisse vor.

Algorithmen für die Prognose

»Wenn alles funktioniert, können wir mit der neuen Methode in nur ein bis zwei Wochen alle Klärwerke eines Bundeslands untersuchen. Weil sämtliche Analysen in ein und demselben Labor untersucht werden, sind die Ergebnisse gut vergleichbar – mögliche Hotspots lassen sich daher sehr genau lokalisieren«, prognostiziert Kreck. Aus der Konzentration der Virusfragmente in einer Probe lassen sich mit Hilfe von Algorithmen Rückschlüsse auf die Zahl der Infizierten ziehen.

Die Datenbasis für solche Berechnungen sollen jetzt die Untersuchungen im Großraum Stuttgart liefern: »Noch ist unser Labor ein Prototyp. Wir müssen die Geräte erproben, die Arbeitsabläufe optimieren, Daten sammeln und die Prognose-Tools weiterentwickeln«, so Kreck. Dank KI lerne das System ständig dazu: Je mehr Messungen vorliegen, die sich mit den bekannten Infektionszahlen einer Region vergleichen lassen, desto besser werden auch die Voraussagen.

Und wenn die Corona-Pandemie eines Tages vorbei ist? Das mobile Labor wird auch nach der Krise noch gebraucht, davon ist die IPA-Forscherin Thude überzeugt: »Im Falle einer erneuten Pandemie können wir die Analytik schnell anpassen und nach anderen Viren suchen. Das Schöne an dem neuen Labor-Anhänger ist, dass wir völlig flexibel sind: Wir können hinfahren, wo wir gebraucht werden – beispielsweise, um mit entsprechend angepasster Geräteausstattung und Analytik nach gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Insektiziden oder Antibiotika im Grund- oder Abwasser zu suchen«.

Quelle Text: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

Quelle Bild: © Fraunhofer IPA/Rainer Bez

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