(März 2021) Mit dem Onlineportal Orphanet trägt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Wissen zu Seltenen Erkrankungen und möglichen Therapien zusammen. Dabei dient das Portal Patient:innen und Fachkreisen als zentrale Informationsplattform.
In Europa gilt: Wenn eine Krankheit höchstens 5 von 10.000 Personen betrifft, wird sie als „selten“ klassifiziert. Vergleichsweise überschaubar kann die Datenlage zu diesen Erkrankungen und ihren Behandlungsmöglichkeiten sein. Orphanet verfolgt das Ziel, umfangreiche Informationen zu Seltenen Erkrankungen systematisch zur Verfügung zu stellen und die Bedeutung seltener Leiden hervorzuheben. Dabei ist das Portal in ein internationales Partnernetzwerk eingebettet und wird durch die Europäische Kommission gefördert.
Orphanet beinhaltet ein Verzeichnis mit Informationen zu über 6.000 Seltenen Erkrankungen. Seit Beginn des Jahres nimmt das BfArM hier die Aufgaben von Orphanet Deutschland wahr und löst damit das bisher zuständige Team der Medizinischen Hochschule Hannover ab. Unter anderem übersetzt, aktualisiert und ergänzt das BfArM die Inhalte, die im internationalen Orphanet-Portal zur Verfügung gestellt werden. Die Datenbank umfasst zahlreiche Angaben zu Expertenzentren, Forschungsprojekten, klinischen Studien, aber auch zu Patientenorganisationen und Diagnostikleistungen – um nur einige Beispiele zu nennen.
„Unser Ziel ist, die Sichtbarkeit seltener Leiden und damit der betroffenen Patientinnen und Patienten zu stärken“, betont Professor Karl Broich, Präsident des BfArM. „Verbessertes Wissen führt letztendlich auch zu verbesserter Versorgung mit Arzneimitteln für Seltene Erkrankungen. Diese gewinnen immer mehr an Bedeutung, was auch ein Ergebnis gezielter Förderung auf europäischer Ebene ist.“
Rund 190 Arzneimittel wurden seit dem Jahr 2000 als Orphan Drugs zugelassen. Sie betreffen ein breites Spektrum von Erkrankungen; fast die Hälfte davon sind besonders Seltene Erkrankungen, das heißt, weniger als eine von 10.000 Personen leidet daran. Orphanet beinhaltet ein Verzeichnis der zentral für die EU zugelassenen Arzneimittel für Seltene Erkrankungen – darunter auch jene, die sich noch in der Entwicklung befinden oder keinen Orphan Drug-Status (mehr) aufweisen. Da diese Arzneimittel nur für vergleichsweise kleine Patientengruppen relevant sind, kann ihre Entwicklung zu den üblichen Marktbedingungen wenig attraktiv sein. Daher wird die Entwicklung von Orphan Drugs gezielt durch Gebührenreduzierung u.a. bei wissenschaftlicher bzw. regulatorischer Beratung gefördert. Auch ist ihre Zulassung mit einer zehnjährigen Marktexklusivität gegenüber ähnlichen Arzneimitteln verbunden.
Das BfArM bringt seine Expertise in die Gremien der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ein, um Forschung und Entwicklung von Orphan Drugs voranzubringen; die Zulassung dieser Arzneimittel erfolgt grundsätzlich über die EMA. Derzeit läuft auf europäischer Ebene auch eine Neubewertung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Orphan Drugs und Kinderarzneimitteln. Ziel ist es, die bisherigen Verfahren zu verbessern, weitere Anreize für die Entwicklung von Arzneimitteln für Seltene Erkrankungen zu setzen – vor allem, wenn sie Kinder betreffen – und damit den schnellst- und bestmöglichen Therapiezugang für Patientinnen und Patienten zu schaffen.
Kodierung Seltener Erkrankungen
Innerhalb des nationalen Projektes „Kodierung von Seltenen Erkrankungen“ (2013 – 2019) wird seit der Version 2015 eine kombinierte Kodierdatei „Alpha-ID-SE“ bereitgestellt. Diese enthält neben dem ICD-10-GM-Kode zusätzlich die Orpha-Kennnummer für Diagnosenbezeichnungen von Seltenen Erkrankungen. Durch die Teilnahme an den EU-Projekten „RD-Action“ (Rare Disease Action, abgeschlossen am 31. Juli 2018) und „RD-Code“ (Rare Disease Code) wirkt das BfArM auch auf internationaler Ebene an einer Verbesserung der Kodierung und damit der Sichtbarkeit Seltener Erkrankungen in Gesundheitssystemen mit.
Weitere Informationen und Hintergründe zu Orphanet:
www.bfarm.de/orphanet
Weitere Informationen zur Alpha-ID-SE:
https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icd/alpha-id/#alpha-id-se
Quelle Text: BfArM
Quelle Bild: Fotolia Gundolf Renze