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Dr. KI: Kann die Technologie Ärzte ersetzen?

(März 2023) In der Radiologie kommt Künstliche Intelligenz (KI) in immer mehr Bereichen zum Einsatz. Grund dafür: Sie kann Bilder sehr gut analysieren und auswerten. Da sich diese Technologie rasant entwickelt, stellt sich für viele die Frage, ob KI die Arbeit in Zukunft komplett übernehmen wird. Welche Chancen oder auch Gefahren ergeben sich durch die Verwendung von KI in der Medizin?

Um herauszufinden, ob eine KI aktuell in der Lage ist, die gleiche Leistung wie ein Radiologe zu erbringen, testeten Wissenschaftler, ob sie einen Teil der britischen Facharztprüfung bestehen kann. Die im Dezember 2022 im British Medical Journal erschienene Studie zeigt, dass die KI in 80 Prozent der Fälle zu einer korrekten Diagnose kommt. Da menschliche Radiologen oder Radiologinnen jedoch im Durchschnitt etwa 85 Prozent erreichen, unterliegt die Technologie in diesem Fall den Fähigkeiten der Menschen. Während Radiologen im Durchschnitt vier von zehn durchgeführten Probeexamen bestehen, gelingt es der KI hingegen nur bei zwei. Zusammenfassend erweist sich der Mensch in dieser Studie als der Technologie überlegen. Doch die Forschung zeigt auch, dass die KI bereits jetzt sehr gute Arbeit leistet und über ein großes Potenzial verfügt. Grundsätzlich ist der Vergleich zwischen Menschen und KI allerdings schwierig. Medizinische KI kann immer nur exakt die Fragestellung beantworten, auf die sie trainiert wurde, nicht mehr und nicht weniger. Der Mensch ist aktuell mit seinem Wissen in vielen Fällen noch breiter aufgestellt.

Vorteile nutzen

Statt sich davor zu fürchten, dass KI sie überflüssig macht, sollten Radiologen die Möglichkeiten und Vorteile der Technologie erkennen. So stellt eine künstliche Intelligenz beispielsweise im Rahmen der Bildanalyse bereits minimale Veränderungen fest, die sich mit dem menschlichen Auge kaum wahrnehmen lassen. Dadurch besteht die Möglichkeit, Krankheiten viel früher zu entdecken und entsprechend schneller zu behandeln. KI eignet sich unter anderem zur Quantifizierung von Multipler Sklerose, zur Ermittlung von Lungenmetastasen, Knochenbrüchen und Meniskusrissen. Sie vermag es, mühsame und umfangreiche analytische Aufgaben zu erledigen und so die Radiologen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Die KI hat aber auch klare Grenzen. Sie kann nur eine klinische Fragestellung beantworten. KI kann entweder prüfen, ob ein Normalbefund vorliegt – so wird sie etwa bei der Untersuchung von Brustkrebs bereits erfolgreich eingesetzt –, oder sie kann prüfen, ob und in welchem Umfang eine bestimmte Krankheit vorliegt. Dabei werden alle anderen Krankheiten von ihr als normal bewertet. Sie hat also einen relativ großen toten Winkel. Da die Technologie zudem Geld kostet, muss der Radiologe vor der Untersuchung wissen, wonach die KI suchen soll. Dafür bedarf es valider Daten, die hoffentlich bald mit der elektronischen Patientenakte einhergehen werden.

Bewusster Einsatz

Die gute Nachricht ist, dass es schon viele sehr gute KI-Lösungen in der Radiologie gibt. Um die Software in der Praxis einzusetzen, ist die lokale Installation jedoch technisch noch zu anspruchsvoll. Außerdem muss herausgefunden werden, wie genau Fachärzte eine KI in den klinischen Ablauf einbinden. Da die KI wohl noch viele Jahre einen breiten toten Winkel haben wird und Radiologen bei Fehldiagnosen haften, bleibt der kontrollierende Blick des Menschen sicherlich auch weiterhin für die finale Interpretation erforderlich. Doch welche Routineaufgaben soll die künstliche Intelligenz im Alltag übernehmen und wie lassen sich mit ihr die Arbeitsprozesse der Radiologen optimieren? Und welche ethischen Aspekte müssen eventuell bedacht werden? Wie soll damit umgegangen werden, wenn Mensch und Maschine zu unterschiedlichen Diagnosen kommen? Um festzulegen, was die KI im medizinischen Einsatz in Zukunft alles leisten darf und was nicht, erstellt eine Gruppe des Deutschen Instituts für Normung auf Initiative der EU aktuell ein Regelwerk.

Künftige Rolle der Menschen

Für eine erfolgreiche Integration ist vor allem wichtig, dass Radiologen die KI nicht als Konkurrenz betrachten, sondern sie viel eher als Unterstützung verstehen. Denn die steigende Menge an Arbeit in der Radiologie wird in Zukunft ohne künstliche Intelligenz gar nicht zu bewältigen sein: Durch eine alternde Bevölkerung steigt die Patientenzahl und gleichzeitig liefern bessere Technologien immer mehr Bildaufnahmen – eine regelrechte Datenflut entsteht. Um die zunehmende Arbeitsbelastung bewältigen zu können, bietet sich die KI als nützlicher Assistent an. Das würde letztlich nicht nur den Facharzt entlasten, sondern auch der Patientenversorgung zugutekommen.

Weitere Informationen unter www.radiologie-initiative-bayern.de

Quelle Text und Bild: Prof. Dr. Stephan Schmitz, Facharzt für Radiologie und führendes Mitglied der Radiologie Initiative Bayern

 

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