(Februar 2020) Die EU-MDR und IVDR sorgen für erhebliche Änderungen in der Medizinprodukteindustrie. Hersteller von Kombinationsprodukten sollten sich auf einen sanften Übergang vorbereiten, um Konformität und Marktzugang zu gewährleisten. Hersteller von therapiebegleitenden Diagnostika müssen sich mit regulatorischen Änderungen zurechtfinden, profitieren jedoch von einer längeren Übergangsfrist. Zu den größten Herausforderungen zählen: strengere Kontrollen, Interaktion mit bereits überlasteten benannten Stellen und neue Anforderungen mit Blick auf Konformitätsnachweise.
Hersteller sollten Zeitpläne und Prozeduren entwickeln, um die Termine fristgerecht einzuhalten. Es ist ratsam, in externes Fachwissen zu investieren, damit Konformität bis zum Mai 2020 bzw. Mai 2022 garantiert ist.
Die EU-MDR und Kombinationsprodukte für Arzneimittel
Die EU-MDR wirkt sich insbesondere auf Kombinationsprodukte aus, bei denen der Arzneimittelbestandteil für die Funktion des Produkts von entscheidender Bedeutung ist. Insulininjektionsstifte und Dosier-Inhalatoren, bei denen der Zweck der Vorrichtung darin besteht, der Applikator für die integrale Arzneimittelkomponente zu sein, sind nur einige Produktbeispiele dieser Art. Zuvor gab es keine klaren gesetzlichen Anforderungen für das Produktelement. Das bedeutet: Vielen Arzneimittelherstellern ist möglicherweise nicht bewusst, welche Maßnahmen sie zur Gewährleistung der Konformität ergreifen müssen. Technologischer Fortschritt in der Industrie macht das Problem dringlicher und ist nur einer der Gründe, weshalb die Aktualisierung von Regulierungen erforderlich ist.
Artikel 117 der EU-MDR enthält eine Änderung von Anhang I des Medizinproduktegesetzes (EU-MPD), in der die spezifischen Anforderungen für die Gerätekomponente dargelegt wird. Die Hersteller haben bis zum 26. Mai 2020 Zeit, um diese Anforderungen zu erfüllen. Kombinationsprodukte, die bereits eine CE-Kennzeichnung gemäß der aktuellen Medizinprodukterichtlinie tragen, profitieren von einer verlängerten Übergangsfrist, die ab dem 26. Mai 2024 abläuft.
In Artikel 117 wird festgelegt, dass das von den Pharmaunternehmen eingereichte Zulassungsdossier den Nachweis der Konformität des Arzneimittelprodukts enthalten muss. Der Konformitätsnachweis kann auf zwei Arten erbracht werden:
- Ergebnisse der Konformitätsbewertung des Geräteteils gemäß den einschlägigen allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen von Anhang I des MDR, die in der EU-Konformitätserklärung des Herstellers enthalten sind;
- oder die entsprechende Bescheinigung einer benannten Stelle, mit der der Hersteller das Medizinprodukt mit einer CE-Kennzeichnung versehen kann.
Fehlt die Konformitätsbewertung und muss eine benannte Stelle hinzugezogen werden, muss der Antragsteller in der Lage sein, eine Stellungnahme zu dem Gerätetyp von einer nach dem MDR benannten Stelle abzugeben, um die Konformität des Produktteils mit den relevanten Anforderungen von Anhang I des MDR belegen.
Was ändert sich für Hersteller von Kombinationsprodukten?
Arzneimittelhersteller unterliegen nun einer strengeren Überwachung sowohl für das Produkt als auch für die medizinischen Teile ihrer Kombinationsprodukte. Nach EU-MDR benötigt jedes einzelne Gerät eine neue CE-Kennzeichnung, um weiterhin auf dem Markt zu bleiben. Ein wesentlicher Bestandteil zur Erreichung der Konformität ist die Vorlage aktualisierter klinischer Bewertungsberichte, die die Sicherheit, Leistung und den Nutzen des Produkts belegen. Arzneimittelhersteller, diesen Schritt zum ersten Mal gehen, müssen eventuell neue klinische Tests durchführen, was zeitaufwändig und kostspielig ist. Benannte Stellen werden verschärfte Überwachungen durchführen, um die tatsächliche Verwendung zu bewerten und unvorhergesehene Risiken oder Komplikationen zu bewältigen.
Die EU-IVDR und therapiebegleitende Diagnostika
Pharmazeutische Unternehmen, die Begleitdiagnostika herstellen, werden ebenfalls einer genaueren behördlichen Kontrolle unterzogen. Therapiebegleitende Diagnostika sind IVD-Geräte, die vor und / oder während der Behandlung angewendet werden, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels zu erhöhen.
Der IVDR hat eine längere Übergangsfrist als der EU-MDR. Hersteller haben bis zum 26. Mai 2022 Zeit, um die neue Verordnung zu implementieren. Mit der Verordnung wird ein neues risikobasiertes Klassifizierungssystem für In-Vitro-Produkte eingeführt. Therapiebegleitende Diagnostika werden als Geräte der Klasse C eingestuft und unterliegen daher einem hohen Maß an Aufsicht durch die benannten Stellen sowie strengeren klinischen Anforderungen. Das IVD-Gerät muss zusammen mit dem Zielarzneimittel entwickelt werden, weshalb Pharmaunternehmen, die Begleitdiagnostika selbst entwickeln, eine benannte Stelle engagieren müssen.
Was sind die Herausforderungen für IVD-Hersteller?
Die Zahl der benannten Stellen, die nach EU-IVDR benannt wurden, ist im Vergleich zur EU-MDR weitaus geringer. Außerdem bedeutet das strengere Klassifizierungssystem, dass viele IVD zum ersten Mal einer Prüfung durch benannte Stellen unterzogen werden. Infolgedessen sind die erforderlichen Gerätedaten für die Übermittlung möglicherweise nicht verfügbar. Wie in der EU-MDR gilt auch via EU-IVDR kein Bestandschutz.
Unbekanntes Terrain
Die meisten Medizinproduktehersteller haben bereits in Zeit und Ressourcen investiert, um die Vorschriften zu verstehen und die erforderlichen Verfahren und Dokumentationen zu entwickeln. Planung ist von entscheidender Bedeutung, um die Fristen einzuhalten und Compliance-Zeitpläne und effizient und zeitgerecht zu verwalten. Um sicherzustellen, dass dieser Prozess so effizient wie möglich abläuft, kann externes Fachwissen von unschätzbarem Wert sein, um Ausschluss aus dem EU-Markt und die nachfolgenden Auswirkungen auf das Unternehmen zu vermeiden.
Quelle Text: Parry, Elizma (Director, Global Clinical Practice bei Maetrics)
Quelle Bild: Zerbor – Fotolia